Stress Analyse im Alltag eines Triathleten


Hintergrund:

Viele Triathleten machen immer ihren Trainingserfolg an den gefahrenen Kilometern und geleisteten Trainingsstunden pro Woche aus, ungeachtet davon dass der Körper schon seit Wochen, Monaten oder vielleicht sogar Jahren die Trainingseinheiten gar nicht mehr verarbeiten kann und ausgebrannt ist.


Dabei lassen sich Triathleten auch von den Trainingsumfängen und Intensitäten von Profi Triathleten beeinflussen, ungeachtet davon das ein Profi keinen 8 -10 Stunden Job hat und sein ganzes Leben auf das Training und Erholung ausgerichtet hat, wird das gerne als Massstab genommen. Social Media sei Dank. Welch ein Irrsinn.

Das Prinzip "Viel hilft viel" und "No Pain No Gain" lässt sich leider auch immer noch in vielen Triathloncamps beobachten.
Mit 0 Kilometern in den Beinen, wollen die Ambitionierten die ersten 1000km nach dem Camp in den Beinen haben, ungeachtet davon, dass der Körper gar keine Möglichkeit hat dies zu verarbeiten.

Ich habe selber erlebt wie ein ehemaliger Hawaii Sieger den Agegroup Athleten geraten hat: "20 - 25 Stunden solltest du aber schon trainieren", ungeachtet davon zu hinterfragen was der Athlet von Beruf ist, welche Ziele oder welche Verpflichtungen er sonst noch hatte etc.

Man kann es ihm ja auch fast nicht übel nehmen, er hat ja nie einen "normalen" Beruf gehabt.

In vielen Fällen kämpfen die Athleten oft mit Krankheiten und Verletzungen
(Stressfakturen, Achillessehnen Beschwerden, Schienbeinkantensyndrom) sind Warnsignale vom Körper, chronischen Erschöpfungen, Frustration, Übergewicht und/oder sogar Depressionen.

Trotz dieser Symptome wird aber häufig sogar noch fleissig weiter trainiert.

In den Wettkämpfen bleiben sie deutlich unter ihren Leistungen.

Soweit als Hintergrund und Ausgangslage.


Stressoren:

Als erstes sollte man sich bewusst machen, welche Arten von Stressoren es überhaupt gibt, damit man versteht, dass alles einen Einfluss auf eine physiologische Reaktion deines Körper hervorrufen kann.

Allgemeine "Lebensstress" Beispiele:
  • Konflikte in der Schule, am Arbeitsplatz oder in der Familie
  • Arbeitsplatz und Wohnort Wechsel
  • Schwere Krankheit oder Tod in der Familie
  • Leistungsdruck und Termindruck
  • Geschäftsreisen
  • Multitasking
  • Dauererreichbarkeit durch die Digitalisierung
  • Ungesunde Ernährung und Alkohol
  • Kaum oder gar keine Erholung
  • Überzogene Anspruchshaltung gegenüber sich selbst
  • Doppel,- oder sogar Dreifachbelastung durch Beruf, Familie und Verein
  • Unzufriedenheit, Sorgen und Zukunftsängste
  • Schlafmangel
  • Schlechte Organisation
  • Falsche Zeiteinteilung
  • Mentale Probleme    
Trainingsstress Beispiele:
  • Schwimmen
  • Laufen
  • Radfahren
  • Athletik & Krafttraining
  • Alternativsport
  • Starrer Trainingsplan
  • Falsche Intensitäten
  • zu hohe Umfänge

Trainingsstress und Lebensstress müssen unbedingt zusammen betrachtet werden, sie sind meistens jeden Tag unterschiedlich und es liegt am Athleten selber die richtigen Massnahmen zu treffen. Hier bedarf es auch Mut auf die Symptome richtig zu reagieren und etwas Neues in der Regeneration auszuprobieren.

Leider halten besonders die "erfahrenden Triathlen" an ihrem Trainingskonzept bei, weil sie es ja schon "immer so gemacht" haben. Dabei hat sich im Laufe der Jahre ihre Lebensumstände massiv verändert, nur die Anpassungen in ihrem Training nicht.
Häufig wird auch das Alter und die Regenerationfähigkeit des Körpers ignoriert.

Eine meiner Haupt Prioritäten als Trainer besteht darin, mit den Athleten zusammen einen Trainingsansatz zu finden, der zu seinem "Lebensmodell" passt.
Ich richte mich dabei nach folgenden Prinzipien:


Eine Konstanz zu ermöglichen
Speziell auf die Bedürfnisse des Athleten eingehen
Einen kontinuierlichen Fortschritt im Laufe der Saison und darüber hinaus zu ermöglichen
Den Athleten dazu bringen flexibel zu bleiben
Regeneration als Trainingsfortschritt zu sehen

Der menschliche Körper ist sehr anpassungsfähig, er reagiert auf die Stressoren positiv wie negativ. Das Ziel als Triathlet ist es natürlich möglichst immer eine positive Reaktion zu provozieren, welche dann in einen Leistungssprung mündet.

Der Trainingserfolg hängt allerdings davon ab, das du den Stress so dosieren kannst, das er zu positiven Anpassungen führt.

Ich kann es euch nur aus der eigener Erfahrung empfehlen es mal mit dem Ansatz zu versuchen:

"Lieber weniger Training gut durchzuführen, als mehr Training schlecht durchzuführen"


Planung und Integration

Diesen Erfolg zu erreichen bedarf es einiger Planung.

Als Erstes solltest du dir einen Überblick über dein ganzes Leben mit seiner ganzen Komplexität verschaffen.

Wichtig hierbei ist, das man vor allem ehrlich zu sich selber ist.
Ein realistischer Blick, Pragmatismus und ein Schuss Selbstbeobachtungsgabe sind hierbei hilfreich.

Viele vergessen hier solche Details wie Arbeitswege, gesellschaftliche Termine oder Essenszeiten. Auch Zeiten zum Abschalten und Schlafgewohnheiten gehören dazu.

Selbst mit einem Trainer an der Seite sollte der Athlet immer in der Lage sein, sein Leben selbst betrachten zu können.

Schau zurück in die Vergangenheit.

Vielleicht einige Fragen als Anregung.

Hattest du Verletzungsprobleme?

Bist du oft Kompromisse eingegangen um dein Training unterzubringen,
die dich dann teuer zu stehen kam?

Hattest du Probleme dich von einer Erkältung zu erholen?

Hattest du immer Vertrauen in deine eigenen Fähigkeiten?

Warst Du oft erschöpft nach dem du einen Teil des Trainingsprogramm durchgeführt hast?

Selbstverständlich kann die Analyse auch bittere Realitäten an den Tag bringen, aber es wird dir auch zeigen in welchen Bereichen du dich verbessern kannst.

Betrachte dabei dein Lebensmodell völlig wertfrei und notiere dir für dich wieviele Stunden du in einer typischen Woche wirklich trainieren könntest.

Wenn Du diese Optimierungsübung korrekt durchgeführt habt, ist die Gesamtstundenanzahl wahrscheinlicher geringer als du gedacht hättest.

Die Stunden, die dir jetzt zur Verfügung stehen, zu optimieren ist das Geheimnis eines nachhaltigen Trainingsprogramms.


Viel Spass bei der Stress Analyse

Sportlichen Gruss
Martin